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Lebenshilfe Marburg - Standpunkte

Deutschland muss viel mehr für die Inklusion tun


Das fordert die Lebenshilfe zum 15. Jahrestag der UN-Behindertenrechtskonvention am 26. März

Berlin. Am 26. März ist es 15 Jahre her, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland rechtskräftig wurde. Dazu erklärt Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Bundesministerin a.D.:

„Leider müssen wir als Lebenshilfe feststellen: Deutschland hat seine Hausaufgaben nicht gemacht und ist noch meilenweit von einer inklusiven Gesellschaft entfernt. An vielen Stellen können Menschen mit Behinderung auch nach 15 Jahren UN-Behindertenrechtskonvention nur eingeschränkt oder gar nicht teilhaben. Zu diesem traurigen Ergebnis kam im vergangenen Jahr die Staatenprüfung der Vereinten Nationen in Genf, und ganz aktuell kritisiert auch der Europarat in seinem Staatenbericht ausgrenzende Strukturen in unserem Land. In den Köpfen der Politiker ist immer noch nicht angekommen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention eine Menschenrechtskonvention ist und den Staat unmittelbar bindet. Das ist kein Kann, sondern ein Muss – der Gesetzgeber ist verpflichtet, Inklusion bei jedem Gesetz mitzudenken. Die Lebenshilfe fordert deshalb nachdrücklich: Deutschland muss viel mehr für die Inklusion tun. Und dafür müssen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen. Inklusion muss endlich Grundlage allen politischen Handelns werden!“

 

Zum Hintergrund:


Deutschland hat seit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention am 26. März 2009 die inklusive Weiterentwicklung nur an wenigen Punkten in Angriff genommen. Ein Beispiel ist das Bundesteilhabegesetz, dessen Umsetzung nun aber auf Länderebene stockt.

Nach der Staatenprüfung Deutschlands in Genf im August 2023 hat der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung seine Abschließenden Bemerkungen veröffentlicht. Darin hat der Ausschuss die Kernforderungen von Lebenshilfe und Zivilgesellschaft aufgegriffen. Es ist bemerkenswert, wie eindeutig die Vereinten Nationen die Einhaltung der Konvention verlangen. Und dabei neben dem Bund auch Länder und Kommunen in die Pflicht nehmen. Gerade die Länder sollten die Abschließenden Bemerkungen ernst nehmen und die deutschen Gesetze im Schulrecht, in der Eingliederungshilfe und in den Bauordnungen so umsetzen, wie es der UN-Ausschuss anmahnt.

Ausschuss und Lebenshilfe fordern von Deutschland vor allem mehr barrierefreien Wohnraum. Alle Menschen mit Behinderung müssen ihren Wohnort frei wählen können und bedarfsdeckende Unterstützungsleistungen erhalten. Außerdem muss Deutschland die Kinder -und Jugendhilfe inklusiv gestalten. Ein Konzept von Bund und Ländern für ein inklusives Bildungswesen sowie ein Aktionsplan für einen inklusiven Arbeitsmarkt und eine gerechte Entlohnung für alle Menschen mit Behinderung sind nötig.

Darüber hinaus braucht es eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Künftig muss es als Diskriminierung gewertet werden, wenn angemessene Vorkehrungen versagt bleiben. Wenn Deutschland es ernst meint mit der Inklusion, muss das Betreuungsrecht richtig umgesetzt werden. Das heißt: Menschen mit geistiger Beeinträchtigung müssen vorrangig darin unterstützen werden, eigene Entscheidungen zu treffen. Das geht nur mit einer gemeinsamen Strategie von Bund, Ländern und Kommunen. Deutschland hat somit noch jede Menge Hausaufgaben zu erledigen.

Ausführliche Informationen zum Staatenprüfverfahren gibt es im Internet unter www.lebenshilfe.de.

Quelle: Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.

Autor: Peer Brocke

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